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Judith Fegerl – 'Spannungsbilder'

Das Kunstwerk im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit menschlicher Emotionen. Das Anorganische in der Epoche der ästhetischen Vitalisierung , der organlose Körper im Zustand der Extension in den Raum eines imaginären, halluzinatorischen Paralleluniversums.
In Judith Fegerls Arbeit, die die Vorstellung vom homo faber in das symbolische Universum der Kunst transplantiert, wird Technik vor allem zur Konzeption von Versuchsanordnungen benutzt, um dann dem Zufall der maschinellen Logik freien Lauf zu lassen.  Aleatorik 2.0 sozusagen.
Es geht um die  Verbindung von menschlicher und künstlicher – besser: kunstloser operativer – Intelligenz, die ein alternatives Weltweben in Gang setzen, dessen Endzweck die Zwecklosigkeit ist. Ob es sich nun um das Abtasten von geographischen Räumen oder Objekten mit Wärmebildkameras handelt ("Gargoyle Extensions", 2004), um Galvanisierungsprozesse, um das Auslesen von visuellen Daten durch einen Laserstrahl ("Read Only Memory", 2004) oder die  mechanisch-elektronische Synthetisierung organischer Lebensformen am Beispiel des Gesangs der Nachtigall. ("Avian Android", 2006) 
Der Geist in der Maschine und die Maschine im Geist gehen eine morganatische Verbindung ein. Eine  obszöne Liaison zwischen Fleisch und Stahl, Blut und Öl, Hirnströmen und elektronischen Impulsen. Cyborgartige Hypostasierung des Seins, algorithmische  Konkretion einer begriffslosen Immanenz. „Das Unbewußte der Maschinen“ (Félix Guattari) manifestiert sich als visuelle Erzählung jenseits von Schrift und Sprache.
Judith Fegerl produziert eine Kunst, in der sie mit wissenschaftlicher Akribie physikalische, chemische, elektrische, elektronische Prozesse inauguriert und dann den Dingen zusieht, wie sie sich nach Maßgabe ihrer Materialbeschaffenheit und Verfahrenslogik entwickeln.  Eine monumentale Produktion von lustvoller Sinnlosigkeit, von dystopischem Wachstum im Banne einer negativen Dialektik.  Bei der  Arbeit „Galatean Heritage“ (2007) produziert eine eigens für diesen Zweck (diese Zwecklosigkeit?) konstruierte Strickmaschine über Wochen hinweg autonom ein amorphes Objekt aus organischer Wolle. Textiler Rinderwahn, der definitiv den mad scientists und den  nutty professors  näher steht als den orthodoxen Operateuren der Wissenschaftsgeschichte, wobei in Judith Fegerls Arbeit an die Stelle der wahnhaften Obsession der poetische Transzendierungswille tritt. Ihre künstlerischen Kreationen teilen mit den Junggesellenmaschinen den energetischen Leerlauf, das masturbatorische Kreisen um einen hohlen Kern, der eben nicht jener des Pudels ist. „Das sind autistische Systeme, die nicht mehr mit der Außenwelt kommunizieren.“ sagt die Künstlerin selbst. „Nutzlose Systeme, die in ihrer Neurose gefangen sind."
Judith Fegerl erkundet in the long run jenen Prozess, in dem menschliche (humanoide?) Sensibilitäten und Handlungsweisen immer mehr von prothetischen Objekten übernommen werden und sie stellt gleichzeitig die philosophische Frage nach der Seele, die sich im Anorganischen manifestiert. Die Ausbeinung eines Ausstellungsraumes wie in der Exhibition „Self“, die öffentliche Ausstellung seiner Eingeweide, die normalerweise, dem Blick entzogen, diskret ihre Funktion ausüben, ist ein Beispiel für eine solche Umkehrung der Verhältnisse: Die elektrisch pulsierenden Adern, die Nervenläufe eines bloßgelegten Gehirns, die Funken, die an schlecht gelöteten Kabelsträngen sprühen, verleihen dem Ort eine anthropomorphe Dimension, während die Menschen, die von ihm umschlossen werden, zu Wachsfiguren erstarren.
Die Werke in dieser Ausstellung sind somit als Ausrisse aus einem umfassenden Projekt zu lesen, das Kunst, Wissenschaft und Leben in immer wieder neue Spannungszustände versetzt. „Tension Object“ (2005) hieß ja nicht ohne Grund die Diplomarbeit der Künstlerin aus dem Jahr 2005. Es sind Arbeiten, die den Charakter von Konstruktionszeichnungen haben können, von Laborexperimenten oder einfach von gefälligen Oberflächentexturen. Belle et inutile und in ihrer Nutzlosigkeit von Lebenszusammenhängen erzählend, die auf eine existentielle Schicht jenseits von Zweckrationalität und Verwertungslogik verweisen.
(Thomas Mießgang)

 
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