Tone Fink
"strich.icht"
Eröffnung Di 1. Jänner 2019 | 16:00 Uhr
Der Künstler ist anwesend
Es spricht Peter Niedermair
Ausstellungsdauer 1.1.2019 bis 26.1.2019
Fotos der Ausstellungseröffnung
„strich.icht“
„Mono.Tone“
und zum Fünfundsiebzigsten
EIN KÜNSTLER
„Der Tone lässt sich nicht festlegen“ sagte er
und ich denke an mich selbst
wie ich Angst vor Zuschreibungen habe
und noch größere vor der Nähe.
(Max Lang)
Neben seinem Hauptatelier am Neubaugürtel in Wien hat Tone Fink ein weiteres in Fußach am Bodensee, wo er sich zwei Monate im Sommer aufhält, und eine Expositur, das Fink-Haus in Schattendorf im Burgenland, ein ehemaliges Gasthaus mit einem riesigen Tanzsaal von 250 m2 und einem geräumigen Keller, wo er die großen Objekte lagert. Seine Tochter Kathrin, mit der er das Wiener Atelier teilt, veranstaltet dort zweimal im Jahr Ausstellungen mit zeitgenössischen KünstlerInnen.
Fahriges Kitzel-Kritzel
Vater und Tochter kämen gut miteinander aus, erzählt Tone, sie kritisiere ihn gottseidank manchmal und mache das ganz gut. Die beiden ergänzen sich, sagt der Vater und ist sehr stolz, dass sie auch Zeichnerin ist, ausdauernd, nicht wie er, der in tausend Dingen herumhüpft, er lerne von ihr, dass sie seinem fahrigen Kitzel-Kritzel-herumschwirrenden-
Vogelflug-Insekten-Nebel nicht folgt, schon mit Verdichtung, sagt ihm, dass er auch etwas anderes ausprobieren solle, kompakter und konsequenter und nicht so impressionistisch herumschwirren. Seine jahrzehntelange künstlerische
Arbeit ist im Laufe der Zeit immer dichter geworden, inspirierter, verrückter. Kein bisschen gezähmt.
Faszinierend sein Umgang mit Papier, dem wesentlichen Material. Es ist wie der Fink’sche Umgang mit der Haut. Papier. Das hat mit Verletzungen zu tun, das kommt rothaarig,
mittlerweile geweißt und könne mitunter zu Berge stehen. Mit Sommersprossen, hat eine wilde, verrückte Kindheit erlebt. Mit genug Narben ist er selber Verletzer und Arzt in einem geworden. Er reißt, klebt, schneidet, locht, drangsaliert das Papier. Man könne es wieder reparieren, flicken und stopfen. Papier ist unendlich genügsam. Er verwendet nicht die besten Papiere, diese machen ihn, sagt er, oft verrückt, sie sind ihm oft zu stabil, er bevorzugt die fragilen, die er oft doppelseitig behandelt. Über diese doppelseitige Kleberei ist er zur Haut gekommen, zu Körpergehäusen und Behältnissen,
zu Angezogenem, Überstülptem. Zur Behäutung. Objekte, oft schon fast wie Architektur. Die natürlich „auch performiert werden wollen“. Mit Masken, Fahnen, Wagen, Karren. Dann Geräte und Möbel, aus Papiermaschee oder Papierkaschur. Abtastungen und Varianten. Alles kommt aufs Papier, durchs Papier, übers Papier, mit dem Papier. Und, man kann alles wieder ändern. Das sei wichtig. Seine ersten Figuren waren aus Gips, auch weiß, mit dem er es sowieso hat, vielleicht oft etwas zu wenig Weißlassungen, räumt er ein. Man wolle dem Betrachter irgendwie immer ein bisschen Theater vorführen, und da neige er mitunter etwas zum Gefälligen. Die Farbe Weiß, frage ich ihn, was es mit der auf sich hat. T. F. meint, er glaube, die komme schon ein bisschen von der Kirche. Ministrant, Vorbeter, unschuldig, nicht patzen, nicht Schmutzfink, nicht Schmierfink, ghörig, subr.
Kindheit und Jugend im Bregenzerwald
Das alles habe ihn schon sehr geprägt und, das Nähere vergesse man eher, er komme immer wieder darauf zurück. Schwarzenberg, Im Loch 287, so die Adresse damals, dunkel, oft sehr dunkel, dann wieder glühend heiß und hell. Der Vater war Schmied. Hufe und Eisen. T. F. hat mitunter auch eine Hassliebe gespürt, einmal habe man seinen Bruder zusammenschlagen wollen, weil man glaubte, er sei es, Tone, wegen der „Narrohut“, wo es um Haut und Häute geht, um Mundartsprüche, die in diesem Film in den Kunststücken über die Bildschirme gelaufen sind. Er, „der Kommunist gegen die ÖVP“. In Wien, später, sagt T. F., kann er dann ein bisschen frecher sein. Er erregt, weil er den Nerv der Zeit trifft. Jung und wild, alt und mild. Jetzt sei er ein bisschen ruhiger geworden. „Narrohut“ hat Streit zwischen den Generationen ausgelöst. Seine Beziehung zur Sprache. „In Deutsch immer 4 bis 5. Aber Mundart, Mulart. Dialekt.“ In Wien habe man mehr auf den Klang gehört, nicht das, was er sagte. Fragmente und Wortakrobatik tauchen auf seinen Zeichnungen auf. Tagebuchnotizen spielen eine Rolle, Körperlichkeit, Erotik, figural, narrativ. Und jetzt wird er bald 75. „Verlängertes Verlangen“, so ein Titel, wünschen wir ihm von hier aus, von der Kulturzeitschrift. Nebst Landschaften, Vögeln und Flugkörpern. Besonders die auf den früheren Zeichnungen. Es ist, als holten sie ihn wieder ein; in der Wiederholung, ohne die das Leben ein lautes Schreien wäre, entdeckt man Konstanzen. Er ist nicht der mit dem Lineal, „es ist eher luftig bei mir“, sagt er.
„Mono.Tone“
... ist eine Publikation zum 75. Geburtstag des Künstlers, herausgegeben und gestaltet von Kurt Dornig, in einer limitierten Edition von 125 Stück, die im Rahmen der Ausstellung in der Galerie.Z präsentiert wird; eine einlagige Broschur, von Hand fadengeheftet, mit einem von Tone Fink persönlich bearbeiteten Schutzumschlag. Inhaltlich werden Zeichnungen Tone Finks aus den Jahren 1977 bis 1980 und 2018 präsentiert; verblüffend
ist, dass alle Zeichnungen, auch wenn sie dreißig Jahre auseinanderliegen, stilistisch aus einem Guss sind. In einem Schuber, zum Preis von 125 Euro. Dies ist die vierte Publikation, die Kurt Dornig für Tone Fink gestaltet. Begonnen hat es mit „Erotone Leibesübung“ zum 65. Geburtstag 2009, 2014 zum 70. Geburtstag erschien die Skizzenbuch-Trilogie „Notiertes-Skizziertes-
Zitiertes“. Weiters gibt es im Rahmen der Buchreihe„KünstlerInnen im Gespräch“, hrsg. vom vorarlberg museum, den 2015 erschienen Band 2 über Tone Fink. Für „Mono.Tone“ waren sie auf der Suche nach einem Autor aus Vorarlberg, einer, der in Wien und Vorarlberg lebt, der aus der Literatur kommt,
nicht ein Kunstkritiker, sondern einer, der ergänzend zu den Zeichnungen als eigene sprachliche Ebene Texte schreibt. Sie fanden den in Wien lebenden Max Lang, von dem hier zwei Texte, einer am Anfang, der andere am Ende, abgedruckt sind. Die
Zeichnungen von T.F. und die Lyrik von M.L. ergänzen und verfangen sich ineinander.
TUN
Im Spiel, in der Freiheit
entschied sich jede Bewegung
von selbst.
© Peter Niedermair
Kultur – Zeitschrift für Kultur und Gesellschaft, Dez. 18/Jan. 19-Heft;
www.kulturzeitschrift.at